FT8 – die Erfindung der Atomenergie

Viele Worte braucht man über Joe, K1JT sicher nicht zu verlieren. Zumindest nicht unter den halbwegs aktiven Funkamateuren, die noch ein Ohr auf dem Gleis haben. Zur Vollständigkeit – Joe hat neben WSJT, WSPR auch das weltweit mega erfolgreiche FT8 erfunden und bietet hierfür sogar die entsprechende Software kostenlos zum Download an.

Der erste breitenwirksame Digital-Boom auf den Kurzwellen-Bändern war sicherlich PSK31. Diese Betriebsart wurde von Peter Martinez, G3PLX (Erfinder von AMTOR) entwickelt und führte ab Ende der 90er Jahre unter den Funkamateuren, weltweit, zu einer Digitalisierung der Shacks. Täglich war nun auf allen Bändern ein neuer Klang zu vernehmen. Nach vielen Jahrzehnten vernahm man nun die vertrauten Töne der  RTTY-Stationen immer seltener. PSK31 ermöglichte nun deutlich mehr Verbindungen pro Bandbreite, ermöglicht das Überbrücken weiter Entfernungen mit vergleichsweise weniger Sendeleistung. Es ist kein Einphasen wie bei RTTY nötig und die Funktionen der Software (z.B.  Ham Radio Deluxe / Digital Master 780) bot eine bisher unbekannte Funktionsvielfalt.

FT8 – der neue Sound auf den Bändern

Nach vielen Metamorphosen und Weiterentwicklungen verschiedener Digi-Modes, die sich auf den Bändern mit den mysteriösesten Klängen vorstellten, sind wir derzeit bei FT8 angelangt.

Schon bei PSK31 rümpften viele OMs die Nase und fragten provokativ, was dies mit Amateurfunk zu tun habe. Da hier ja keine Einstiegshürde zu nehmen wären und vor allem keine Fähigkeiten um ein Signal zu hören oder selber zu lesen. Man muss nichtmal mehr selber auf dem Band zu hören. Nun, dass musste man auch schon bei RTTY nicht zwingend. Aber dennoch war hier durchaus mehr nötig als nur mit dem Zeigefinger auf eine Computer-Maus zu tippen.

Nun, ich nehme mich hier nicht aus, auch ich war skeptisch. Und bin es noch immer ein wenig in Bezug auf die möglichen Entwicklungen unseres Hobbys.

Man hört in Bezug auf FT8 nun wieder solche Stimmen. Einige Meinungen gehen in ihrer Argumentation recht weit. Grundsätzlich denke ich, dass FT8 wohl das potenzial hat, den Amateurfunkbetrieb gewissermaßen zu verändern, jedoch nicht in seinem Fundament. Möglicherweise erodiert nun ein weiteres Mal der ideelle Wert eines QSOs. Und somit wird auch der Amateurfunk wieder ein kleines Stückchen „normal“, etwas das man erledigt um es etwas pathetisch auszudrücken.

Warum halte ich das für denkbar?

Vor Jahren galt es als Kunst ein Pile-Up, egal ob CW, SSB oder sogar in RTTY, zu knacken. Man stand stundenlang unter Strom. Teilweise stand man über Tage verteilt etliche Stunden im Pile-Up an um ein seltenes Land irgendwann mal im Log zu haben. Nicht selten vergebens. Mit FT8 ist das einfacher, man wird sicher längst nicht zwingend jede Station ins Log bekommen – aber sowas mache ich heute nebenbei beim Frühstück. Dabei schaue ich manchmal gar nicht richtig hin. Das ist nicht überzeichnet, sondern gelebter Alltag. So sitze ich morgens beim Kaffee und sichte die aktuellen Nachrichten auf dem Laptop. Die Programm-Fenster auf meinem Laptop sind so angeordnet, dass ich den Rand des RX-Fensters sehe. Sobald ein roter Balken sichtbar ist, weiß ich, ein für mich neues Land aufgetaucht ist. Ohne den Landeskenner zu betrachten, aber darauf achtend das die Sende-Frequenz sauber ist, klicke ich um die Station anzurufen. Wenn ich sie im Log habe, freue ich mich. Aber Hand aufs Herz, das ist keine Leistung. So gehe ich noch während eines QSOs auch mal neuen Kaffee holen – die Maschinen unterhalten sich ohne mein Wirken von ganz allein.

Wenn man Dinge einfach im vorbeigehen erledigen kann, bleiben sie nicht in Erinnerung und können so auch keinen „Wert“ erhalten. Es ist ein Stück Beliebiger geworden. Wer beim Sport nicht schwitzt, hat nichts geleistet.

Ich kann mich heute noch an DXpeditions erinnern, die weit mehr als 10 Jahre zurückliegen, für die ich mich vom QRL entfernt habe um Stunden im Shack zu sitzten. Wird das bei FT8 auch so sein können? Ich denke nicht.

Für DXpeditions gibt es den Fox/Hound-Mode, hier sind die Prozesse soweit optimiert, dass mit FT8 bis zu 500 QSOs pro Stunde gefahren werden können.

Ich denke, für Joe wäre es ein Leichtes noch drei kleine Funktionen in die FT8-Software einzubauen.

  1. Setze meine Sendefrequenz auf einen freien Platz, um andere Stationen nicht zu stören
  2. Wenn eine Station auftaucht, die ein mir fehlendes Land oder ein neues Band repräsentiert, rufe sie an.
  3. Automatisches Bestätigen der Anfrage zum loggen nach einem QSO.

Die QSOs werden ja bereits automatisch erledigt. Mit diesen kleinen Änderungen bräuchte der OM nicht mehr im Shack zu anwesend zu sein um die mühevollen Mausklicks zu erledigen. Komplett automatische QSOs waren vor einiger Zeit noch eine Fiktion, über die man im Scherz gesprochen hat. Heute sind wir nur wenige Code-Zeilen und ein bisschen „moralische“ Überwindung davon entfernt.

Man könnte nun meinen, dass ich FT8 nicht mag und ein Gegner dieser Betriebsart bin. Nein, bin ich nicht. Ich habe mir während der FT8-QSOs nur ein paar Gedanken gemacht, denn zuhören oder aufpassen muss man ja nicht. Mir macht FT8 sogar richtig Spaß.

Wirklich beeindruckend ist, dass K1JT eine echte Amateurfunk-Weiterentwicklung vollbracht hat, und diese Open Source ist. Ganz im Gegenteil zum grassierenden Digital-Irrsinn auf den UHF/VHF-Relais – zig verschiedene kommerzielle, unter untereinander inkompatible, Modulations-Arten die teure Technik auf Relais- und Nutzerseite verlangt und sogar noch als innovativ gefeiert wird, obwohl diese Technik auf der Nutzerseite kaum beherrscht wird.

  • FT8 scheint weltweit Funkamateure zu aktivieren. Ich sehe Rufzeichen, die ich bisher nie gehört habe. OMs die funken tun genau das Richtige.
  • FT8 veranlasst mache OMs zum Experimentieren. Etwas, was wir fast alle vergessen haben. So richten manche OMs ihre 2m oder 6m-Antennen in die Luft und hoffen auf Reflexionen an z.B. Flugzeugen, um zu sehen, was machbar ist.
  • FT8 hat nicht wenige OM dazu gebracht, überhaupt mal wieder das Shack zu betreten.
  • FT8 ermöglicht es, auch unerfahrenen Funkamateuren, seltene Länder ins Log zu bringen.

Ich habe den Titel etwas populistisch gewählt und metaphorisch die „Atomenergie“ als synonym für etwas genutzt, was eine gute Weiterentwicklung bedeutet, aber auch schattige Seite beinhalten kann.

Links zum Thema FT8:

FT8 Download: https://physics.princeton.edu/pulsar/k1jt/wsjtx.html

FT8 Anleitung (engl.)http://www.g4ifb.com/FT8_Hinson_tips_for_HF_DXers.pdf

Es gibt eine Deutsche Übersetzung von Ekkehard Körner DJ5EJ. Diese verlinke ich nicht, da sich der Link zu oft ändert. Kann man aber ganz einfach selber suchen.

Fox/Hound-Modus in FT8 – eine tolle Anleitung in deutscher Sprache von Enrico, OE1EQW https://physics.princeton.edu/pulsar/k1jt/FT8_DXpeditions_Modus_Handbuch_de.pdf

8 Kommentare

  1. Vieles ist möglich und erlaubt. Ich frage allerdings, ob ich alles, was erlaubt ist, auch machen sollte.
    Ich nutze kein FT 8, weil das Radebrechen und Gestammmel aus dürftigen Texten keine (keine!) intellektuelle Herausforderung ist.

    Sagte letztens ein OM zu mir: Ich mache mit FT-8 DX und Du machst nichts!?

    Ich habe geschwiegen. Gedacht aber habe ich folgendes: Du kannst kein SSB-QSO außerhalb des deutschsprachigen Raumes führen. Auch nicht in RTTY oder PSK-31. Ich habe ohnehin nie verstanden, wie du zur „Lizenz“ gekommen bist.

    Dann habe ich auf meine QSL-Karten an der Wand gezeigt. Bis auf Antarktis alles in RTTY, SSB oder CW gearbeitet. Damit konnte der OM nichts anfangen, den Wink verstand er nicht,
    wie auch, denn ich habe nie verstanden….(Siehe oben).

    Ich gönne den Low Performern ihr DX. Aber auf dieses Niveau begebe ich mich nicht. Da möchte ich – DX hin oder her- nicht dabei sein. Aufhalten kann ich diese Tendenz nicht, zumal sich unser Fachblatt auf ähnlichem Niveau einpegelt.

  2. Im Gegenteil. Alles was technisch möglich und erlaubt ist, sollte gemacht werden. Das macht den Amateurfunk aus, dafür ist der Amateurfunk da. Und sich hier überlegen zu fühlen und Funkamateure, die die neuen Techniken nutzen, hier runterzumachen und als „Low Performer“ zu betiteln, zeugt nicht gerade von Ham Spirit.

  3. Lieber Wolfgang!

    Sie haben die meine Bemerkungen nicht (sic!) verstanden. Ich lasse mir jedenfalls nicht von OMs(?) sagen, ich würde kein DX machen (können). Aber wer in SSB, RTTY oder PSK31 kein QSO fahren kann (weil es an allem (!) mangelt, darf mir, der Schubladen mit QSL-Karten aus aller Welt voll hat, nicht prahlerisch vorhalten, er mache DX mit FT8, ich aber nicht. FT8 senkt wieder einmal das Niveau des Amateurfunks. Sehen Sie hierzu auch die „Profis“, die mit 1kW FT8 machen. Schade, daß Sie diese verteidigen….

  4. Ich mache kein FT8 und werde es auch nicht.
    Mich stört z.B. daran, dass ich keine freien Texte verwenden kann.
    Bei PSK kann ich schreiben was ich möchte – FT8 ist mir da zu unflexibel.

    Aber gut wir haben ein schönes Hobbie – jeder soll machen was er will – solange es erlaubt ist…

  5. Auf youtube starrt mich ein OM mit weit aufgerissenen Augen an und sagt:
    8 Fehler, die sie in FT8 nicht machen dürfen.

    Ich frage: wie kann jemand in einer Betriebsart, die lediglich Call und Rapport
    übermitteln kann, acht Fehler unterbringen?

  6. Nach mehreren (!) Updates in mehreren (!) Jahren gilt noch immer: FT8 übermittelt Call und Rapport. Sonst nichts! Nachtrag: Der PC übermittelt, nicht der Op….

  7. naja, man kann durchaus ein paar Fehler machen. Das beginnt damit, das man die Uhr an Rechner nicht genau gestellt hat, oder zuviel Modulation auf dem Signal…
    Wer ist den der OM mit den aufgerissenen Augen? Ic würde es mir gern mal anschauen.

  8. Das ist soweit richtig, das hat aber FT8 nicht exklusiv. In CW Pileups oderu im Contenst wird auch nicht mehr übermittelt, ebenso bei Meteor Scatter, bei EME weiss ich es nicht, wird aber ähnlich sein.

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